Bei intermittierendem Fasten wird ein Essrhythmus mit längeren Pausen gewählt, der zu der gewünschten Gewichtsabnahme führt. Grazer Forschende haben in einer klinischen Studie untersucht, ob diese beliebte Diätform auch bei übergewichtigen Personen mit Typ-2-Diabetes eine gute – und vor allem sichere – Wahl ist. Die Ergebnisse stimmen positiv: Die Proband:innen konnten einen nachhaltigen Gewichtsverlust erzielen, ohne ihre Gesundheit zu gefährden.
Ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel führen nicht nur zu Übergewicht. Immer öfter entsteht auch eine Insulinresistenz im Körper – mit der Folge, dass der Blutzucker dauerhaft hoch bleibt. Die Diagnose lautet dann Diabetes Typ 2. Er ist ein häufiger Auslöser von Herz- und Gefäßerkrankungen bis hin zu Herzinfarkt und Schlaganfall. Patient:innen in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium können schließlich auf tägliche Insulininjektionen angewiesen sein. Genaue Erhebungen darüber, wie verbreitet die Stoffwechselerkrankung in Österreich ist, fehlen nach wie vor. Schätzungen gehen von bis zu 800.000 Fällen aus, was etwa neun Prozent der Bevölkerung entspricht. Expert:innen sind sich aber einig, dass die Zahl der Betroffenen, die an dieser auch vom Lebensstil abhängigen Erkrankung leiden, stark ansteigen wird.
„In der Behandlung von Typ-2-Diabetes spielt Gewichtsreduktion eine wesentliche Rolle. Sehr häufig kann damit eine Verbesserung des Zuckerstoffwechsels erreicht werden“, erklärt Harald Sourij, Professor für Interdisziplinäre Metabolische Medizin der Medizinischen Universität Graz. Deshalb haben er und sein Team sich in einem vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten und kürzlich abgeschlossenen Projekt der Untersuchung einer Diätform gewidmet, die in den vergangenen Jahren einen Boom erlebt hat: dem intermittierenden Fasten, landläufig oft Intervallfasten genannt. Gewöhnlich wird dabei an jedem zweiten Tag ohne Einschränkung, an den Tagen dazwischen nur gefrühstückt oder nichts gegessen.
„Uns hat interessiert, ob diese Art der Ernährungsintervention bei Patient:innen mit Diabetes, die bereits Insulin spritzen, funktioniert und sicher ist“, skizziert der Mediziner die Forschungsfrage. „Denn von Kritiker:innen der Diätform wird oft die Angst geäußert, dass an den Fastentagen ein gefährlicher Unterzucker entstehen könnte.“ Dass klinische Studiendaten zum intermittierenden Fasten fehlen, ist wenig überraschend. Von kaum einer der zahlreichen Diätformen – nicht einmal von jenen, die speziell für Menschen mit Diabetes angeboten werden – sind gute Daten zu Erfolgsaussichten und Sicherheit vorhanden.
Patient:innen mit fortgeschrittener Erkrankung
Für ihre Studie wurden von Sourij und Kolleg:innen insgesamt 46 Personen rekrutiert. Sie alle litten bereits an einer fortgeschrittenen Form der Erkrankung und mussten bereits höhere Insulindosen zuführen. Die Teilnehmenden wurden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe bekam Ernährungsvorgaben, die einem intermittierenden Fasten entsprachen: Die Proband:innen durften am Montag, Mittwoch und Freitag bis zu Mittag 500 Kalorien zu sich nehmen, was einem normalen Frühstück entspricht. Danach gab es jeweils bis zum folgenden Morgen gar keine Kalorienzufuhr, woraufhin der restliche Tag keinen Einschränkungen unterlag. Gleichzeitig wurde die Insulintherapie einem einfachen Schema folgend an den Diätrhythmus angepasst. Die Kontrollgruppe erhielt dagegen lediglich eine Beratung über Ernährungsempfehlungen bei Diabetes.
Die beiden Gruppen wurden während der auf drei Monate angelegten Studiendauer genau überwacht. Regelmäßig wurden Laborparameter zu Blutzucker, Fettstoffwechsel und Organfunktionen erhoben sowie, wenn erforderlich, auch die Insulintherapie angepasst. Gleichzeitig trugen alle Studienteilnehmenden Glukosesensoren, die hochaufgelöste, kontinuierliche Daten zum Glukoseverlauf sammelten. Damit war einerseits kontrollierbar, ob die vorgegebenen Fastenintervalle eingehalten wurden, andererseits, ob sich der Essrhythmus in positiver oder negativer Weise auf die Werte auswirkt.
Nach den drei Monaten folgte die Auswertung. Die Ergebnisse sind eindeutig: „Die Werte zum Durchschnittszucker haben sich in der Fastengruppe signifikant verbessert. Zudem nahmen die Proband:innen durchschnittlich knapp fünf Kilogramm Körpergewicht ab“, fasst Sourij zusammen. „In der Kontrollgruppe gab es dagegen weitgehend unveränderte Blutzucker und Gewichtsverläufe.“ Gleichzeitig konnten auch die Befürchtungen entkräftet werden, dass die Diätform den Patient:innen schade. „Wesentlich für uns war, dass wir bei keiner der Proband:innen einen schweren Unterzucker feststellen konnten. Wir wissen nun, wie man die Insulindosis anpassen muss und dass es sicher ist“, resümiert der Stoffwechselexperte. Für die an Diabetes Erkrankten kommt damit eine valide Diätoption dazu, mit der viele Menschen besser zurechtkommen als mit einer kontinuierlichen Kalorienreduktion. Ärztliche Begleitung ist dabei aber jedenfalls anzuraten.
Abnehmen mit Langzeitwirkung
Die Datenerhebung im Zuge des Projekts geschah bereits vor zwei Jahren. Die Proband:innen von damals wurden nun erneut untersucht, um die Langzeiteffekte der Diät zu erheben. Auch hier zieht der Mediziner eine positive Bilanz: „Die Zweijahresdaten zeigen, dass sich bei den Personen der Fastengruppe die Gewichtsreduktion auch weiterhin feststellen lässt. Der Erfolg war also durchaus langfristiger Natur.“ Mittlerweile ist auch eine Nachfolgestudie in Planung. In der neuen Untersuchung soll der Faktor Bewegung miteinbezogen werden. Sourij: „Wir wollen untersuchen, wie die Gewichtsabnahme durch intermittierendes Fasten durch sportliche Betätigung noch weiter unterstützt werden kann – und wie sich die Bewegung auf Zucker- und Insulinwerte, aber auch auf die Motivation der Menschen mit Typ-2-Diabetes auswirkt.“
Zur Person
Harald Sourij ist Professor und Leiter der Trials Unit für Interdisziplinäre Metabolische Medizin sowie stellvertretender Leiter der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie an der Medizinischen Universität Graz. Zu seinen früheren Karrierestationen zählt die Position als Senior Clinical Researcher an der Diabetes Trials Unit der University of Oxford in Großbritannien (2011–2014). Die von 2020 bis 2023 durchgeführte Studie „Intermittierendes Fasten bei Typ-2-Diabetes“ wurde vom Wissenschaftsfonds FWF mit 335.000 Euro unterstützt.
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