Seelenwärmer zu Soulfood Zinfandel – der kongeniale Allrounder aus Kalifornien

Lasagne, Schmortopf oder Kürbisrisotto – der Herbst ist da und mit ihm Gemütlichkeit und Zeit für leckeres Soulfood. Nichts passt dazu besser als ein gutes Glas Zinfandel. Der Allrounder aus Kalifornien wird aufgrund seiner Bandbreite geschätzt und ist gleichzeitig ein kongenialer Begleiter von Gerichten aus aller Welt, nicht zuletzt durch seine fruchtigen und würzigen Aromen. Bereits die Einstiegsweine dieses „echten Rotweines“ machen Lust auf mehr. Sein Qualitätsspektrum lässt keine Wünsche offen. Manch spannender Premium-Zinfandel avanciert gar zum Sammlerobjekt für Weinfreaks und -experten.

Zinfandel ist die am dritthäufigsten angebaute Rebsorte Kaliforniens und gilt als Aushängeschild für die Weine des Küstenstaats. Dabei wird die aus Österreich importierte Rebsorte häufig mit dem süditalienischen Primitivo gleichgesetzt. Zinfandel und Primitivo sind zwar genetische Zwillinge, denn beide sind Klone einer Sorte, die sich auf die kroatische Rebsorte Crljenak Kastelanski zurückführen lassen. Dennoch ist der Zinfandel heute eine eigene kalifornische Varietät und die stilistischen Unterschiede zu Primitivo sind eindeutig.

Historiker können die Wurzeln des Zinfandel bis in die 1820er zurückverfolgen: George Gibbs, ein New Yorker Rebschulen-Betreiber, lernte die Sorte, die von Kroatien nach Wien gelangt war, im kaiserlichen Pflanzenbestand kennen. Er kaufte ein paar Stecklinge und brachte sie nach Nordamerika. Bostoner Händler boten sie schon wenig später aktiv zum Verkauf an. Fälschlicherweise als österreichischer Zierfandler deklariert, verbreitetet sich der Zinfandel in der Folge rasch und zunächst als eine der beliebtesten Tafeltrauben des Landes.

Eine absolute Besonderheit des Zinfandels ist, dass es noch extrem viele alte Rebstöcke gibt, die nicht selten mehr als 100 Jahre alt sind. So wird beispielsweise bei Gnarly Head Zinfandel aus Trauben hergestellt, die von knorrigen, bis zu 80 Jahre alten Reben stammen. Da sie zu den ältesten Weinstöcken Kaliforniens gehören, sind die produzierten Früchte außergewöhnlich, intensiv und vollmundig im Geschmack. Ein Großteil der Gnarly Head Weine werden in Lodi angebaut. Die Region gilt als „Capital of Zinfandel“. Mehr als 40 Prozent der Zinfandel-Weine Kaliforniens stammen hier her. Das mediterrane Klima mit warmen Tagen und kühlen Nächten, die natürliche Belüftung aufgrund der Nähe zur San Francisco Bay, gepaart mit der geringen Anzahl an Regentagen bescheren den Trauben Jahr für Jahr die ideale physiologische Reife. Dadurch ist Lodi bekannt für fruchtbetonte Zinfandel mit seidiger Textur, die von einer mineralischen Struktur untermalt wird.

Südlich der San Francisco Bay liegt mit Ridge Vineyards ein weiterer echter Zinfandel-Pionier in den Santa Cruz Mountains. 1964 stellte Ridge hier auf den Anhöhen des heutigen „Silicon Valley“ seinen ersten Zinfandel her. Die Geschichte des namhaften, bio-dynamisch arbeitenden Weingutes ist jedoch um einiges älter. 1885 hatte Osea Perrone, ein Arzt und prominentes Mitglied der italienischen Gemeinde von San Francisco 180 Morgen unweit des Monte Bello Ridge erstanden, eine weltberühmte Lage, die völlig verlassen in den 1940er Jahren vom Theologen William Short reaktiviert wurde, um dann in den 1980er Jahren zu einem echten Hotspot der kalifornischen Wein-Renaissance zu werden. Heute stellt Ridge an zwei Standorten in Kalifornien Weine auf absolutem Weltklasseniveau her. Da die Zinfandel-Reben in unterschiedlichen Appellationen angebaut werden, hat jeder Wein seine ganz eigene Note und Güte. In kühleren Gebieten wie Sonoma Valley entstehen Zinfandel mit Noten von roten Früchten, während ein wärmeres Klima wie beispielsweise im Dry Creek Valley für Noten von Anis und Brombeeren sorgt.

Neben den Faktoren Klima und Terroir sind es natürlich auch die Menschen, die den Zinfandel in seiner Charakteristik maßgeblich prägen. In diesem Zusammenhang ist vor allem der Name Joel Peterson aus Sonoma als Wegbereiter zu nennen. Der „Godfather of Zinfandel“, wie er unter Kennern auch genannt wird, gründete nach seiner Ausbildung im Jahr 1976 die Ravenswood Winery. Von Beginn an war es seine Intention, komplexe und hochwertige Zinfandel auf die Flasche zu bringen. Seine Weine stammen aus bis zu 100 Jahre alten Weinbergen und präsentieren sich so authentisch wie er selbst. Ebenso authentisch zeigt sich die nächste Generation: Sein Sohn Morgan Twain-Peterson hat sich mit gerade mal 36 Jahren bereits Zinfandel Kultstatus mit seinem eigenen Weingut Bedrock Vineyards erarbeitet.

Weiter nördlichen liegt mit dem Weingut Seghesio ein weiterer Zinfandel-Spezialist in Sonoma. 1895 von den italienischen Immigranten Edoardo und Angela Seghesio gegründet, ist das 160 Hektar große Weingut bis heute in Familienbesitz. Die Hälfte davon ist mit Zinfandel bestockt. Auch hier ergeben Bodenbeschaffenheit und Klima in Kombination mit dem Know-How der Weinmacher einen großen Wein von hoher Dichte, Frucht und Struktur. Die Weine von Seghesio gehören seit Jahren zur Spitze Kaliforniens und sind ein gutes Beispiel dafür, dass sich Zinfandel auch in der gehobenen Preisliga gut behaupten kann, gerade auch in Restaurants mit ambitionierten Weinkarten.

Selbst wenn sich die Zinfandel aufgrund ihrer unterschiedlichen Anbaugebiete stark unterscheiden können, haben sie eines gemeinsam: das typisch würzige Aroma mit Noten von Nelken, Pfeffer und Zimt. Diese machen ihn zu einem harmonischen Begleiter von klassischen Schmorgerichten sowie zu orientalischen Speisen, die gerade in den Wintermonaten herrlich von innen wärmen, wie z.B. Lamm-Tajine oder orientalisches Lammfilet. Als fruchtbetonter Rotwein eignet er sich außerdem zu Steaks aller Art sowie für gewürzte, etwas schärfere Currygerichte. Aber auch Wildragout und dunkles Fleisch brillieren durch Zinfandel. Wegen des weichen, gut eingebundenen Tannins passt Zinfandel ideal zu reifem Hartkäse sowie zu allen Speisen, die auf Tomaten basieren. So kann man sich gerne ein Glas zu Pizza oder Pasta mit roten Soßen wie Arrabiata oder Bolognese gönnen. Die Rebsorte zeigt zudem eine große Varianz, was ihre Volumenprozente angeht. Fruchtbetonte, leichtere Zinfandel beginnen bei 13,5 Prozent, opulentere und kräftigere Ausgaben können bei 15 Prozent liegen. In einer kräftigeren Form macht er seinem Image als Allrounder alle Ehre und kann sogar zum richtigen Dessert, etwa zu dunkler, herber Schokolade und Karameltorten gereicht werden.