GROSSSTADTGEFLÜSTER – DIADEM

Ein Song wie ein Vorschlaghammer, der auch gleichzeitig eine großartige Emanzipations-Hymne ist, dafür so zu sein wie Frau es selbst möchte – und nicht, wie es der allgemeine Konsens erwartet.

In „Diadem“ sing sie:
„Ich kick Schneewittchen und Dornröschen und Rapunzel aus dem Game,
Lass mein Achselhaar herunter, soll mein Hof sich dafür schämen.
Man reiche mir die Sweatpants, man kraule mir die Plauze.
Spieglein, Spieglein an der Wand, was guckst du so? …Schnauze!“

Ja, was ist denn eigentlich, wenn die singende Disneyprinzessin mit der Walla-Mähne und dem Vogel im Haar, deren Lebenssinn darin besteht, am Fluss sitzend auf ihren Prinzen zu warten, einfach nichts in einem auslöst, was man irgendwie erstrebenswert empfindet?
Ohne es bisher groß zum Thema zu machen ist Jen Bender seit mittlerweile 17 Jahren ein stirnrunzelnder Gegenentwurf zu den installierten und akzeptierten weiblichen Role-Models. Nicht etwa, weil sie viel unternimmt, um ein anderes Lebenskonzept zu erschaffen, sondern weil sie gar nichts unternimmt, um anders oder schöner oder passender zu sein. Weil sie so gut es geht selbstverständlich ist.

Dass das Menschen 2020 immer noch anstößig oder militant erscheint, ist anthroposophisch gesehen ein desillusionierendes Zwischenfazit. Aber weil man bzw. Frau vielleicht auch nicht immer Bock hat, alles mit soziokulturellen Argumenten zu begründen, braucht man manchmal eben auch einen unversöhnlichen Banger, zu dem man ein bisschen ausflippen kann.