Graf Toggenburg – Weiß gekelterter Merlot

Unweit von Florenz schmiegt sich der Ansitz Poggio Rozzi in die malerische Landschaft des Chianti-Gebietes, ein wunderbarer Ort, um sich den lang ersehnten Wunsch eines eigenen Weingutes zu erfüllen. Was entspannt mit einer sanften Umgestaltung begann, bekommt, seit Eberhard Graf Toggenburg das Ruder übernommen hat, eine bemerkbare Ausrichtung. Sinnbildlich dafür steht nicht nur die klare Konzentration auf fünf Weine, sondern auch, dass der gebürtige Südtiroler diese herausragenden Ahnen seiner Familie widmet – auch seinen einzigen Weißwein, einen weißgekelterten Merlot. Zu gerne hätte er sich von der „Allerweltssorte“ getrennt, als er debütierte. Doch dann entdeckte er die weiße Seite der roten Sorte. Von seinem Weißwein Idda aus der Toskana, benannt nach seiner Vorfahrin der heiligen Idda von Toggenburg, ist er mehr denn je überzeugt.

Auf dem Iddaberg in der Schweizer Gemeinde Kirchberg im Kanton St. Gallen stand die Alt-Toggenburg, das Stammschloss der Grafen Toggenburg. Idda von Toggenburg lebte hier im 12. Jahrhundert gemeinsam mit ihrem Ehemann. Wie die Heiligenlegende überliefert, verlor Idda ihren Ehering, den ein Jäger entdeckte und an sich nahm. Als Iddas Ehemann den Ehering am Finger des Jägers entdeckt, bezichtigt er seine Gattin der Untreue und ließ sie von einem 200 Meter hohen Felsen stürzen. Wie durch ein Wunder überlebte Idda den Sturz. Ein Hirsch mit leuchtendem Geweih geleitete sie in das nahegelegene Kloster Fischingen, wo sie fortan lebte. Nach ihrem Tod setzte die Verehrung ein. Am einstigen Ort der Stammburg der Toggenburgs wurde zu Ehren der Heiligen Idda die Wallfahrtskirche St. Iddaburg errichtet, bis heute ein Pilgerort in der Schweiz.

Der Name Idda hat in der Familie der Grafen Toggenburg eine große Bedeutung. Um die starke und aufrechte Persönlichkeit in Ehren zu halten, benennen sie viele weibliche Nachkommen nach ihr. Eberhard Toggenburg widmet ihr einen Wein, der so außergewöhnlich ist wie die Frau dahinter: ein weiß gekelterter Merlot, der durch seine Machart hervorsticht, wie die Heilige Idda damals in einer von Männern dominierten Zeit. Die Trauben für diesen Wein wachsen in einer kühlen Lage, der Vigna del Virginio, einem nach Osten abfallenden Hang, der nur am frühen Morgen die kühle Morgensonne sieht. Dadurch und durch die steinreichen Böden behält der Merlot hier eine große Frische und entwickelt seine Frucht erstaunlich langsam. Einen opulenten Roten hätte Eberhard Toggenburg hier sowieso nicht in Erwägung gezogen, setzt er bei den Roten doch vielmehr auf die autochthonen Sorten der Toskana. Die roten Trauben weiß zu keltern, war zunächst ein Versuch, der sich aber schnell als der absolut richtige Weg zeigte. So entstand ein toskanischer Weißwein, der mit einem verhältnismäßig niedrigen Alkoholgehalt von 12 %vol. glänzt. Selbstverständlich für einen Blanc de Noirs müssen alle Trauben handgelesen sein. Sie werden dann sofort gekühlt und gepresst, um einen nahezu farblosen Most zu erhalten, der dann im Stahltank vergoren wird.

Der Mut, die „Vigna del Virginio“ weiß zu keltern und nicht zu roden, kam Eberhard Toggenburg in der Schweiz: „Ich habe dort auf einer Weinmesse erstmals einen weiß gekelterten Merlot verkostet und war wirklich positiv überrascht. Es war mir immer wichtig, auch neue Impulse zu setzen, und deshalb habe ich mich auf dieses in der Toskana unübliche Experiment eingelassen. Was viele nicht wissen, gestartet sind wir ursprünglich mit einem Rosé, der uns aber nicht überzeugte. Das Traubengut dann im Folgejahr weiß zu keltern, war definitiv die richtige Entscheidung und hat dem Wein noch mehr Spannung verliehen.“ So ist jetzt ein Weißwein entstanden, den Eberhard Toggenburg selbst gerne an warmen Sommertagen auf der Terrasse von Poggio Rozzi trinkt, dazu am liebsten leichte sommerliche Speisen wie Bruschetta, Caprese oder Fisch vom Grill. Und wenn er gerade nicht dort sein kann, bringt ihn der Wein in Gedanken an diesen schönen und ruhigen Ort im Val di Pesa.