GENETIKK – neues Video zu „Wo ist die Message?“

„MDNA“ steht für Mass Destruction New Age. Man kann in diesen Titel viel hineininterpretieren. Dabei ist es eine klare Anspielung auf „D.N.A.“, jenes legendäre Album, mit dem Kappa und Sikk 2013 der Deutschrap-Durchbruch und ein Meilenstein gelang. Und Sikk flippt immer noch die genau richtigen traditionell-avantgardistischen Samples und schichtet die zurechtgestutzten Soundschnipsel mit staubtrockenen Drum-Loops und satten Basslines zu Beats übereinander, die geschickt zwischen Traditionalismus und Moderne changieren. Das weckt mal positive Assoziationen an die verspult-leiernden Produktionen von Wu-Mastermind RZA, dann denkt man wieder unweigerlich an den wohldosierten Größenwahn eines Kanye West.

„MDNA“ ist aber keine Fortsetzung, sondern vielmehr eine Revolution. Sollen andere über horrende Vorschusssummen, neue Sportwagen, mit Steinchen besetzte Chronographen oder drippy Designer-Outfits rappen. Sollen andere auf Community machen und sich gegenseitig fröhlich durch die Bank featuren. Genetikk sind durch mit diesem Unsinn. Klar waren die beiden schon immer auf Distanz zur Deutschrap-Szene, aber mit „MDNA.“ wird ein für alle Mal deutlich, dass sie längst in anderen Hemisphären unterwegs sind.

Genetikk – Eklektisch. Voller Widersprüche. Uneindeutig. Dabei messerscharf. Purer Rap der seinesgleichen sucht und nicht findet. Popkultur und Zeitgeist durchgekaut, ausgespuckt und als Kollateralschaden in den Zwischentönen begraben.
Wer sich an Genetikk wagt, muss einerseits den Anspruch auf unmittelbare Verständlichkeit preisgeben, wird sich aber gleichzeitig dem Sound und der Wortgewalt kaum erwehren können. Mit jedem Hören des Albums entdeckt man immer neue Texturen, in der ausufernden, schier endlosen Kollage von Sikk und Kappa.

Dabei gibt es immer mindestens zwei Lesarten, das öffentliche Auftreten der Band befeuert den Mythos und Widersprüche, die selten aufgelöst werden. Das mag unbefriedigend für diejenigen sein, die den Industriestandard zu ihrem eigenen hat werden lassen. Genetikk muss man lieben oder hassen, dazwischen ist nicht viel Platz.  „Genetikk verlangt uns alles ab, und dem Publikum wahrscheinlich auch. Wir können es weder uns noch euch ersparen. Dafür sind wir nicht hier.“ 

Seit einigen Jahren kommunizieren Genetikk ausschließlich über Twitter und ihre Musik. Als digitale Skulptur, algorhitmische Plastik versteht die Band ihren Account in Anlehnung an Beuys, denn der Gedanke ist schon die erste Form, die der Mensch erschafft. Größenwahn, Religion, Sex, Gewalt, Liebe, Tod, Geld, alles verschmilzt zu einer gewaltigen Rap-Opera, die den Mythos Genetikk auf die Spitze treibt. Gleichzeitig ist MDNA aber einfach auch eine verdammt coole Rap-Platte, die das Zeug zum Meilenstein hat. Das ist das einzige, worüber einen die Band nicht im Zweifel lässt.

Foto: Varvara Kandaurova