erlich textil – „Manns genug“ – Interview mit Benjamin Sadler

Was bedeutet es heutzutage, ein Mann zu sein? Die Antwort zu dieser Frage muss jeder selbst für sich herausfinden. Männlichkeit ist vielfältig und sollte in all ihren Facetten gefeiert werden. Darauf will auch das nachhaltige Modelabel erlich textil aufmerksam machen. Egal, ob mutig, verletzlich, stark, schüchtern – oder gar nichts von alledem: erlich textil hat Lieblingsbasics für jeden Mann. Von Business-Unterwäsche über die chillige Sweat-Kollektion bis zur Thermobekleidung – jedes Kleidungsstück des Jungunternehmens wird aus nachhaltigen Materialien fair innerhalb Europas produziert. Das gilt natürlich auch für die Boxer-Klassiker Ludwig, Friedrich und Gustav. Der Bonus neben super angenehmem Stoff und perfekter Passform? Alle erlich Produkte sind 100 Prozent klimaneutral. Ohne schlechtes Gewissen, ohne Zwicken und Kratzen, ohne dass etwas zurechtgerückt werden muss – jeder soll sich einfach nur wohlfühlen.

Die Kunden und die Branchenexperten unterstützen die Mission des Labels: Auch beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2021 ist erlich textil Finalist in der Kategorie „Design“.

erlich Gründer und Co-CEO Benjamin Sadler erzählt im Interview, warum es keine verrückten Prints auf erlich Boxershorts gibt und was Männlichkeit für ihn bedeutet.

Du hast gemeinsam mit Sarah 2016 das nachhaltige Unterwäschelabel erlich textil gegründet – was hat euch dazu bewegt?

Wir haben erlich textil tatsächlich aus eigenem Bedarf gegründet (lacht). Wir waren selbst auf der Suche nach Unterwäsche und haben gemerkt, dass es da nicht wirklich viele nachhaltige Alternativen gibt – das wollten wir ändern. Ein neuer Standard musste her: Es war uns dann besonders wichtig, für unsere Produkte umweltschonende Materialien zu verwenden, uns auf eine faire Produktion innerhalb Europas zu beschränken und zeitlose, schlichte Designs zu entwickeln. Nachhaltigkeit, Fairness und Natürlichkeit – diese Punkte haben sich zu unseren Grundsätzen etabliert und finden sich überall wieder: von unserem Büro über Kooperationen bis zur neusten Kollektion. Trotzdem sollen unsere Produkte möglichst erschwinglich sein. Denn mal ganz ehrlich: Ein wirklicher Wandel in der Textilindustrie ist doch nur dann machbar, wenn möglichst viele Menschen die Chance haben, ihn aktiv mitzugestalten.

Von Anfang an waren auch Männer eure Zielgruppe – warum ist das Angebot für diese in der Sustainable Fashion so rar?

Ich denke das liegt daran, dass ein Großteil der männlichen Zielgruppe einfach recht pragmatisch ist. Ich kenne das von mir selbst: Habe ich einmal eine Marke, einen Stoff, einen Schnitt gefunden, der mir passt, kaufe ich immer wieder dieselben Artikel – und das über mehrere Jahre. Außerdem beginnt der bewusstere Lebensstil oft in anderen Lebensbereichen wie Ernährung oder Mobilität – Mode spielt da für die meisten erstmal eine nebensächliche Rolle. Das alles ist für uns aber kein Grund, es nicht trotzdem zu machen – denn wenn der Rest stimmt und überzeugt, gibt es bei uns Nachhaltigkeit noch oben drauf.

Aus eurer Erfahrung: Was ist Männern beim Unterwäschekauf besonders wichtig?

Ein guter Sitz – das ist das wichtigste.

Natürlichkeit ist nicht nur in euren Produkten ein wichtiger Faktor, sondern auch in eurer Bildsprache. Warum?

Besonders in den letzten Jahren konnte man einen wichtigen Wandel in den Medien und in der Werbung beobachten – getrieben durch aufmerksame Konsument*innen, die hinterfragen und kritisieren. Das ist gut so! Auch wir als Fair Fashion Brand sind Teil des Systems und tragen Verantwortung. Wir wollen unsere Produkte nicht nur nachhaltig und fair produzieren; wir wollen die Entwicklung hin zu mehr Natürlichkeit und Diversität in allen Bereichen unterstützen und das Bewusstsein für ein achtsames Miteinander stärken. Eines unserer Mittel dafür ist es, Menschen wie dich und mich zu zeigen, die eben nicht alle den verbreiteten Schönheitsidealen entsprechen. Wir sind in dieser Hinsicht selbstverständlich auch noch nicht perfekt, man erwischt sich dabei, wie man in alte Muster verfällt und in Fallen tritt – aber wir sind davon überzeugt, uns weiter in diese Richtung zu entwickeln. Und unsere Aktionen wie Kund*innen-Fotoshootings statt professionellen Models kommen gut an! Wir sind auf dem richtigen Weg, würde ich sagen.

Was bedeutet Männlichkeit für dich?

Nichts Besonderes, wenn ich ehrlich bin. Ich denke nicht in Geschlechterrollen und bin der  Überzeugung, dass jeder seine Rolle in der Gesellschaft und in seinem Umfeld selbst definieren soll. Egal, ob Mann oder Frau. Auch Männer dürfen Gefühle zeigen, weinen oder andere Dinge tun, die in unserer Gesellschaft als unmännlich gelten – aber sie müssen es nicht, wenn sie nicht wollen. Alle sollen einfach so sein können, wie sie sind und andere dafür respektieren und dabei unterstützen, das Gleiche zu tun. Wir sind alle nur Menschen – und das ist gut so.

Wie können wir Männern, dabei helfen, sie selbst zu sein?

Jeder Mann sollte sich in seiner eigenen Haut wohlfühlen. Egal ob dünn, dick, klein oder groß – alle Typen sind gut und jeder sollte für sich das Beste aus seinem Sein machen. Wir hoffen, dass unsere Basics den Männern ein gutes Gefühl geben, nicht zwicken und einfach bequem sind. Wir wollen sie dabei unterstützen, sie selbst zu sein. Deshalb gibt es bei uns auch keine Prints oder andere auffällige Designelemente. In unserer Kommunikation spiegeln wir einfach das wahre Leben wider. So einfach ist es – und doch so entscheidend.

Was habt ihr in Zukunft geplant und worauf dürfen wir gespannt sein?

In den letzten Jahren sind viele, völlig neue Produktkategorien hinzugekommen – das war aufregend, aber auch anstrengend. Deshalb haben wir uns fürs nächste Jahr dazu entschieden, unser nun bestehendes Sortiment zu vertiefen und zu verbessern. Es wird einige neue Artikel geben, die unsere bestehenden Kollektionen ergänzen, neue Farben und eventuell auch neue Materialien. Es gibt genug zu tun und bleibt aufregend!

Dein Vorsatz für 2021?

Als werdender Papa sind mir vor allem zwei Dinge wichtig: Erstens will ich noch mehr zu mir selber finden, rausfinden, wer ich wirklich bin und dafür einstehen. Und zweitens möchte ich gut zu meinem Körper sein: Rad fahren, schwimmen und viel Bewegung – das ist mir echt wichtig geworden. Und dann bin ich bereit für all die Abenteuer, die das neue Jahr so bringen wird.