Lonely Spring – Vorgeschmack zur EP – „Sixteen“

Stell dir vor, es ist Release, und keiner darf hin. So fühlt es sich für die Band Lonely Spring an, als im März 2020 ihre EP „Lovers & Strangers“ erscheint. Eine fette Party und ein Support-Gig mit den Idolen Enter Shikari standen im Kalender – aber dann ging plötzlich gar nichts mehr. Was macht man also, wenn nach vier Jahren Blut, Schweiß und Tränen die Erfüllung des eigenen Traumes ins Wasser fällt? Richtig, man tut es Generationen von Musikern gleich und therapiert sich mit den eigenen Songs. Das Ergebnis kann sich in Form der Akustik-EP „Berlin Therapy“ verdammt gut hören lassen.

Das Quartett aus dem Süden Deutschlands ist dafür nicht etwa in die Hauptstadt gezogen, vielmehr fungierte die im Mai angetretene Kurzreise zu den Tritonus Studios in Berlin als Vehikel für die Therapiesitzung. Der Heimat und dem Lieblingssound bleiben sie treu, die vier Jungs aus Passau: Sänger und Rhythmusgitarrist Jules, sein Zwillingsbruder Simon, der den Bass wie auch die Backing Vocals bedient, sowie Gitarrist Manuel und Schlagzeuger Madsn.

In den heiligen Tritonus-Hallen in Berlin nehmen sonst Kraftklub und Die Ärzte auf. Am Mischpult saß mit Moritz Enders außerdem der Produzent, der gern bei Casper und Milky Chance die Knöpfe drückt. Für das Quartett aus Süddeutschland eine willkommene Herausforderung. „Das löst schon eine gewisse Ehrfurcht aus“, gibt Jules zu. Doch vor allem konzentriert sich die Band auf ihr künstlerisches Ziel: „Wir wollen eine Situation schaffen, in der wir gefühlt um den Mensch am Lautsprecher herumstehen und nur für diese eine Person spielen. Dieser Vibe ist uns ganz gut gelungen.“ Mit der Lead-Single „Sixteen“ schafft es die Gruppe bereits auf die beliebte Punk Unplugged-Playlist von Spotify.

So wurde der Trip zur Intensivkur gegen die Isolation. „Berlin Therapy“ ist jedoch mehr als eine handelsübliche Lockdown-EP, eine kompromissbehaftete Folge äußerer Umstände: „Die Songs sind voriges Jahr in einer schwierigen Phase entstanden und spiegeln deswegen durchaus die aktuelle Krise. Wir möchten die Dinge so fühlen, wie sie sind, und eine Art ‚safe space’ bieten. Die Entscheidung, die EP akustisch und live aufzunehmen, dient als Versuch, unsere Zuhörerschaft noch näher in diesen Raum zu holen. Wir wollten das schon länger machen, jetzt war aber ganz klar der richtige Zeitpunkt gekommen.“

Die beiläufig zeitgemäße Liedsammlung enthält zwei neue und einen neu-gewandeten Track. Während „Oklahoma“ den Blick nach außen und „Sixteen“ den nach innen darstellt, dann schauen Lonely Spring mit der Akustikversion von „Strangers“ gleichermaßen zurück und nach vorn. Letzterer diente immerhin bereits als Galionsfigur für „Lovers & Strangers“, klingt in zurückgenommen-akustischem Gewand aber noch einmal eindringlicher. Das „vertraut und doch so fremd“-Motiv passt besser in unsere Welt denn je. „Sixteen“ durchläuft die kritische Sicht auf sich selbst bis hin zur kathartischen Achtsamkeit und setzt das Erwachsenwerden mit einer unumgänglichen Vorwärtsbewegung gleich. „Oklahoma“ verpackt indes die für die Band typische Selbstoffenbarung in ein Zwiegespräch.

An Dynamik mangelt es den Akustiknummern nicht: „Darauf haben wir mit Moritz besonders viel Wert gelegt und haben aus den Aufnahmen viel mitgenommen. Wir klingen noch tighter als vorher und hören nun ganz anders aufeinander, was wir mit weiteren Releases zeitnah weiterverfolgen wollen.“ Zu „Oklahoma“ erscheint demnächst zudem ein üppiges Video.